Da mir schon mein halbes Leben lang und nun seit nun mehr 4 Jahren, in denen Just Insane existiert, immer wieder dieselbe Frage gestellt wird: Wieso ist dein Körper eigentlich so, wie er ist?, habe ich heute nun endlich den Mut, diese intime Frage zu beantworten.
Heute befassen wir uns mit dem Krankheitsbild Lipödeme und wie ich mit ihnen seit vielen Jahren lebe.
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Heute befassen wir uns mit dem Krankheitsbild Lipödeme und wie ich mit ihnen seit vielen Jahren lebe.

Was genau sind Lipödeme eigentlich?
Das Lipödem, welches auf altgriechisch "Fettschwellung" bedeutet, wird umgangssprachlich fälschlicherweise auch als Reiterhosensyndrom oder Säulenbein bezeichnet.
Hierbei handelt es sich um eine meist symmetrische Anhäufung von Fettgewebe an typischen Körperstellen, welche voranschreitend entsteht.
Betroffen sind zuerst die seitlichen Partien der Oberschenkel und Hüften, im späteren Verlauf können die Unterschenkel, der Vorderbauch, Ober-und-Unterarme sowie der Nacken betroffen sein.
Besagte Schwellungen, die mit der Krankheit einhergehen, entstehen durch die Einlagerung von Flüssigkeit aus dem Gefäßsystem und treten meist mit Schmerzen, Druckempfindlichkeit und der erhöhten Neigung zu blauen Flecken auf.
Lipödeme selbst sind keine Folge von Übergewicht.
Fast ausschließlich Frauen sind nach der Pubertät, nach einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren hiervon betroffen.
Die Ursachen für diese Erkrankung liegt oft an hormonellen Veränderungen oder aber teilweise auch an genetischer Veranlagung.
Genaues über die Entstehung ist aber bis heute nicht mit absoluter Sicherheit erforscht und belegt.
Lipödem Stadium 2: "Matratzenphänomen"
Wie ihr an meinem Beispiel sehen könnt, kann der Verlauf bei jedem Betroffenen anders sein.
An den Hüften selbst setzte sich zuweilen bei mir kaum etwas an, obwohl die Ödeme sich bereits seit 6 Jahren an meinem Körper ausbreiten, dafür jedoch an der Partie unterhalb des Bauchnabels, also dem Unterbauch, was sich sehr gut kaschieren lässt.
Dafür habe ich bereits Einlagerungen in den kompletten Beinen, Deformierungen in den Unterschenkeln, an den Innenseiten der Knie und eine ausgeprägte Einlagerung in den Unterseiten der Oberarme.

Unterteilt werden die Schweregrade der Lipödeme übrigens in Stadien.
Stadium 1 wird umgangssprachlich als "Orangenhaut" bezeichnet und zeichnet sich durch eine feinknotige Oberfläche aus. Eine Fettgewebsvermehrung im Bereich des Gesäßes und und der Hüften beginnt.
Stadium 2, in welchem ich mich befinde, wird auch "Matratzenphänomen" genannt und lässt sich durch grobknotige Haut mit größeren Dellen und Deformierungen erkennen. Die Ödeme reichen bis zu den Knien und bilden Fettlappen im Bereich der Knieinnenseiten.
Stadium 3 bringt große, deformierte Hautlappen und Wülste mit sich. Hierbei reichen die Ödeme bereits von den Hüften bis zu den Knöcheln.
Stadium 4 verändert den kompletten Körper und lässt lediglich Hände und Füße aus.
Stadium 5 und damit das letzte Stadium; der gesamte Körper inklusive Hände, Füße und Finger sind von den schmerzhaften Einlagerungen betroffen.

Ein ebenso unschöner Nebeneffekt kann die erhöhte Empfindlichkeit des Bindegewebes werden, welche sehr lange Narben durch aufreißen der Haut nach sich ziehen kann.
An meinem Bauch habe ich fünf dieser großen Narben, die auf Höhe des Beckenknochens beginnen und sich bis zur Mitte des Bauches erstrecken (zwei könnt Ihr auf dem Bild sehen), ebenso an meinen Armen und an den Oberschenkeln.
Dadurch, dass die Einlagerungen meist nicht in gleichmäßigen Mengen und Zeitabständen entstehen, wird die Haut schnell überdehnt und platzt einfach.
Therapiemöglichkeiten
Die Therapiemethoden hierbei sind sehr umstritten und garantieren auch keinen absoluten Erfolg.
Jedoch werden zu Beginn erst einmal starke Kompressionsstulpen für Arme und Beine während dem regelmäßigen Sport genutzt, um Wasseransammlungen zu vermeiden und den Prozess der Einlagerung etwas zu verlangsamen.
Bisherige Ansammlungen bilden sich hierbei jedoch nicht mehr zurück.
Auch werden als Schmerzlinderung und zur Verringerung der Wassereinlagerungen sogennante Lymphdrainagen eingesetzt.
Um die Ödeme jedoch vollkommen loszuwerden, wird eine Fettabsaugung von einem Chirurgen mit lymphologischer Ausbildung durchgeführt, die nicht nur die Einlagerung beseitigt, sondern auch das krankhaft veränderte Gewebe, welches diese Einlagerungen überhaupt zulässt.
Da hierbei jedoch keinerlei Hilfe der Krankenkassen erwartet werden kann (da laut deren Aussage keine Lebenseinschränkung vorliegt), kann sich nicht jeder Lipödem-Patient eine solche Erlösung leisten. In meinen Augen eine absolute Schweinerei.
Nachfolgeerkrankungen
Desweiteren sind verfrühte Gelenkabnutzungen in den Knien und Fußgelenken die natürliche Folge, da der Körper nicht auf eine derartige Masse an zusätzlichem Gewicht ausgelegt ist.
Die Lipödeme bringen nicht nur sich selbst als Problem mit, sondern haben auch noch den einen oder anderen Anhänger, der ebenfalls oftmals bei Betroffenen auftritt.
Wie beispielsweise psychische Defizite wie etwa Depressionen und Minderwertigkeitskomplexe.
Auch ich hatte lange Zeit mit eben diesen Begleiterscheinungen zu kämpfen und hatte fast 1 Jahr lang weder die Motivation in die Öffentlichkeit zu gehen, nur wenn ich wirklich musste, geschweige denn im Sommer zum Schwimmen zu gehen oder auch nur im Tanktop herum zu laufen. Ich habe mein komplettes Selbst gehasst, hatte keinerlei Selbstbewusstsein mehr und wollte schließlich nicht einmal mehr in den Spiegel sehen.
Hierbei ist der Rückhalt von Familie und Freunden sehr wichtig, die einen immer wieder daran erinnern, dass man trotzdem geschätzt und geliebt wird und es hierbei vollkommen egal ist, wie sich der Körper verändert.
Ebenso können Essstörungen wie Anorexia Nervosa (Magersucht) oder Bulimie aus Verzweiflung hinzukommen, die den Körper massiv schädigen.
Als die Ödeme an meinem Körper angefangen haben, sich sichtbar bemerkbar zu machen und schnell zu verbreiten, verfiel ich auch genau in dieses Muster.
Angst und Verzweiflung machte sich breit, da ich bis dato noch nicht wusste, was mit meinem Körper eigentlich los ist und dachte, ich würde einfach zu viel essen.
Also habe ich nur noch geringe Mengen an Nahrung zu mir genommen, schließlich nur noch breiartige Nahrung und am Schluss dann manchmal eine Woche am Stück gar nichts mehr.
Noch heute habe ich kein normales Verhältnis und Gleichgewicht zum Essen aufbauen können.
Desweiteren sind verfrühte Gelenkabnutzungen in den Knien und Fußgelenken die natürliche Folge, da der Körper nicht auf eine derartige Masse an zusätzlichem Gewicht ausgelegt ist.
Wie lebe ich heute damit?
Heutzutage sind die Lipödeme nicht mehr wirklich ein Problem für mich.
Natürlich ist ein besonders schmerzempfindlicher Körper nicht nur für einen selbst manchmal echt nervig, sondern auch für andere Menschen, die sich darauf einstellen müssen.
Blaue Flecken gehören zu meinem Alltag - ich habe schlichtweg immer irgendwo welche.
Mit steigendem Selbstbewusstsein sind auch die Komplexe und der Drang, sich vor der Öffentlichkeit zu verstecken, verschwunden und ich gehe damit sehr offen und selbstbewusst um - es gibt keinen Grund, sich nicht zu akzeptieren und zu verstecken.
Obwohl ich damals in der Schule ganze 5 Jahre genau deswegen das ungeliebte Mobbing Opfer war, spielt dies in meinem heutigen Leben gar keine Rolle mehr.
Ich habe mich und meinen Körper vollkommen akzeptiert und kann getrost auf die Meinungen und Urteile anderer Menschen verzichten.
Ja, man kann definitiv ein normales Leben mit den Lipödemen führen, wenn man sich nur darauf einlässt und das beste aus seinem Leben macht, was man zweifelsohne in jedem Fall immer sollte.
Habt Ihr noch irgendwelche Fragen zum Thema?